In diesen Wochen beginnt wieder die Ferienzeit und damit für Millionen von Menschen auch die Zeit der Überlegungen, wohin die Reise gehen soll, bzw. ob man auf eine Urlaubsfahrt nicht besser verzichten und die freie Zeit in den eigenen vier Wänden verbringen sollte.
Während diejenigen, die sich für ‚Balkonien’ entschieden haben, vor Überraschungen weitgehend sicher sind, gibt es daneben ein Heer von Urlaubern, die abenteuerlustig genug sind, sich dem Wagnis hinzugeben, andere Völker, fremde Kulturen, exotische Speisen, fremdartige Riten usw. kennen zu lernen.
Sich nach der Heimkehr mit Freunden und Familie über das Erlebte auszutauschen, ist völlig normal und seit jeher Usus. Früher gipfelten diese Erlebnisberichte meist in den unsäglich ermüdenden Diashows, die einen, wären nicht Getränke und Knabbereien bereit gestanden, bereits nach dem 30. Bild in einen komaartigen Schlaf versetzt hätten.
Neuerdings stehen zum Zweck des Erfahrungsaustauschs unzählige sog. Foren im Internet zur Verfügung, für all die ‚Heimkehrer’ und den Kreis derjenigen, welche das Abenteuer ‚Urlaub’ noch vor sich haben. In diesen „Chatrooms“ ist es möglich, die Erlebnisse nach Herzenslaune an andere weiter zu geben.
Persönlich sehe ich hier allerdings eher eine sehr große Gefahr und kann zugegebenermaßen beim besten Willen keinen wirklichen Nutzen erkennen. Mehr noch, ich finde die Art und Weise, wie Zeitgenossen sich erdreisten, über Länder, Speisen, Hotels, Verkehrsmittel usw. zu urteilen, schlichtweg degoutant.
In Foren kann sich jeder Profilneurotiker fast unwidersprochen zum großen Experten aufspielen, der meint, qualifiziert zu sein, Urteile über die Güte einer Dienstleistung oder eines Angebots abgeben zu können. Solche Kritiken sind oft in höchstem Maße subjektiv und entbehren zumeist eines belastbaren Beweises. Fast schon scheint es zum Sport geworden zu sein, innerhalb eines Forums beweisen zu wollen, wer größere Fertigkeiten in der Disziplin der Rufschädigung im Internet an den Tag zu legen in der Lage ist.
Es ist ja so leicht – zumeist noch unter einem absurden Tarnnamen – die Hinrichtung eines Hoteliers, Busunternehmers oder Restaurantbetreibers auf dem digitalen Marktplatz des Internets zu fordern. Schlimmer noch, in fast hündischem Gehorsam melden sich meist weitere profilierungssüchtige Forenteilnehmer, die meinen, den oft unqualifizierten Äußerungen mit meist noch substanzloseren Kommentaren beipflichten zu müssen, nur um ihren Namen veröffentlicht zu sehen.
Keineswegs möchte ich falsch verstanden werden. Berechtigte Kritik soll und muss auch geäußert werden. Zahlreiche Gerichtsurteile zugunsten unzufriedener Reiseteilnehmer sprechen eine deutliche Sprache. Auffälligkeiten, die eine Reisepreisminderung rechtfertigen, sollten dann aber bitte bereits vor Ort angesprochen werden, um dem Kritisierten die Möglichkeit zur Nachbesserung zu geben. Nachträgliches und polemisierendes Abwatschen im Internet, welches den Kritisierten in einen Rechtfertigungsnotstand versetzt ist, feige und erfüllt in vielen Fällen den Tatbestand der üblen Nachrede.
Oft kollidieren die am Urlaubsort angetroffenen Verhältnisse ganz einfach mit überzogenem Anspruchsdenken. Wer vorschnell und genügend oft auch unsachlich kritisiert, sollte sich zumindest auch einmal darüber Gedanken machen, dass es sehr oft an den lokalen Gegebenheiten liegt, wenn nicht alles dem sonst gewohnten Niveau entspricht und die Maßstäbe, die er setzt, entsprechend anpassen. Auch ein schlecht bezahltes Zimmermädchen kann gesundheitliche und familiäre Probleme haben, auch ein ansonsten durchaus fähiger Koch bei tropischen Temperaturen in der Küche versagen. Wie sähe wohl in solchen Fällen die Leistung derjenigen aus, die in Foren vorschnell vernichtende Urteile fällen?.
Auch ich möchte die schönsten Tage des Jahres, den Urlaub, nicht als Horrortrip in Erinnerung behalten müssen. Und genau aus diesem Grund informiere auch ich mich bereits im Vorfeld meiner Reise sehr genau über das Ziel und darüber, was ich dort antreffen werde. Allerdings würde ich niemals auch nur einen Gedanken daran verschwenden, meine Information aus den Beiträgen eines Forums zu beziehen, sondern aus der Vielzahl seriöser Quellen.
Wozu gibt es die Pressedienste von Botschaften und Konsulaten, wozu gibt es von erfahrenen Journalisten verfasste Reiseführer, wozu gibt es von Fachleuten ausgearbeitete Literatur zum Thema Reisen? Unabhängige Institute, deren Veröffentlichungen – meist gegen geringe Gebühr – angefordert werden können, publizieren Testergebnisse. Wunderschön und hochwertig gestaltete Fachmagazine veröffentlichen unablässig Berichte Ihrer Reisekorrespondenten. Neben den redaktionellen Beiträgen, sind hier auch informativ und seriös gehaltene Leserbriefe eine weitere Informationsquelle. Daneben gibt es unzählige Hotel- und Restaurantführer, an denen wirklich qualifizierte Fachleute gearbeitet haben. Ob Campingplatz oder 5 Sterne Luxushotel, es gibt mehr als genug Literatur, die denjenigen fundiert und umfangreich auf sein Reiseziel vorbereitet, der – so wie ich – Internetforen aus den geschilderten Gründen, für eine Pest der Neuzeit hält.